Gothic-Musik
Der Ursprung des Begriffes „Gothic“ in Bezug auf einen Musikstil aus dem Post-Punk-Umfeld ist nicht ganz geklärt, unterschiedlichen Quellen zufolge sollen es Martin Hannett, der Produzent der Gruppe Joy Division, oder Siouxsie Sioux, Sängerin der Gruppe Siouxsie & The Banshees, gewesen sein, die in Interviews in Bezug auf diese Bands zuerst den Begriff „Gothic“ als Beschreibung der Musikstile eben jener Bands benutzt haben. Anderen Quellen zufolge aber soll die Bezeichnung bereits früher in Musikmagazinen im Zusammenhang mit dem David Bowie-Album „Diamond Dogs“ aufgetaucht sein. Laut Aussagen von Abbo (Sänger der Band UK Decay) war „Gothic“ in London der frühen 80er ein Insiderbegriff einer kleinen Szene rund um die Bands UK Decay, The Southern Death Cult, Gloria Mundi, Sex Gang Children und Bauhaus. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, das der Begriff „Gothic“ seinen Ursprung in einem Journalistenkommentar hat, der die Fans der Band Sex Gang Children als Goths bezeichnet hatte, da der Sänger der Band unter dem Namen „Count Visigoth“ bekannt war.
Innerhalb der ersten Generation gab es jedoch Bands wie Virgin Prunes, die fortdauernd versuchten, sich von dem „Gothic“-Etikett loszulösen. Auch die nachommende Generation mit Bands wie den The Sisters Of Mercy oder Fields Of The Nephilim lehnte die Bezeichnung „Gothic“ für ihre Musik vehement ab. In England galt Gothic als eine kurzlebige Modebewegung, die im Rahmen des Batcave-Clubs existierte, bereits in der Mitte der 80er Jahre abflaute und stilistisch durch den Noise Pop abgelöst wurde.
Gothic-Musik: ursprünglich eine Stilform der britischen Rockmusik. Die ersten beiden Spielarten, die sich auf diese Weise entwickelten, sind der Gothic Punk und der Gothic Rock. In den USA entstand etwa zeitgleich zum britischen Gothic Punk der Death Rock. Death Rock oder auch Horrorpunk entwickelten sich zum Teil unabhängig von der britischen Gothic-Musik, wurden allerdings durch diese in den frühen 80ern stark beeinflusst.
1976 veröffentlichten The Doctors of Madness mit „Late Night Movies, All Night Brainstorms“ als eine der ersten Bands eine Mischung aus Punk und Glam Rock, die damals zwar erfolglos blieb, den Sex Gang Children oder Alien Sex Fiend jedoch musikalisch wie auch visuell einige Grundideen vorweg nahm. Im Umfeld von Glam Rock und Punk traten 1977 Künstler wie David Bowie und Iggy Pop hervor und ebneten mit den in Kooperation entstandenen Werken „Low“ (David Bowie) und „The Idiot“ (Iggy Pop) der späteren Musik-Szene den Weg. Speziell Iggy Pops „The Idiot“ wurde von Joy Division oder The Sisters Of Mercy als das für ihren eigenen Werdegang prägende musikalische Werk bezeichnet.
Als Gothic bezeichnete man anfangs einen dem Punk entwachsenen Musikstil, der fallweise Einflüsse aus dem Glam- und Psychedelic Rock aufweist. Er entstand in England Ende der 70er Jahre, als Bands wie UK Decay, The Southern Death Cult oder Sex Gang Children als „Gothic“ bezeichnet wurden, in der allgemeinen Tendenz der damaligen Punk-Szene, sich in Subgenres aufzuspalten.
Viele der damaligen Songs beruhen auf einem 3-Akkord-Schema, ähnlich dem Punkrock. Bedeutende Vertreter waren Bauhaus, Specimen oder Siouxsie & The Banshees. 1980 formierte sich in Hamburg die Band Xmal Deutschland, deren Hit Incubus Succubus noch heute die Tanzflächen füllt. Sie zählt zu den ersten deutschen Gothic-Acts während der Zeit der Neuen Deutschen Welle.
Gothic Punk ist vielen Kennern auch unter der Bezeichnung Batcave vertraut, benannt nach einem Londoner Nachtclub, der als Treffpunkt der New Romantics fungierte und als die Wiege der eher modisch orientierten Gothic-Szene in England gilt. Das US-amerikanische Pendant des Gothic Punk ist der Death Rock.
Ab 1983 verschwanden die Punk-Wurzeln zunehmend, bedeutende Vertreter des Genres lösten sich auf. Eine neue Epoche des Gothic sorgte in dem darauf folgenden Jahrzehnt für Aufsehen: der Gothic Rock, der vermehrt auf Elemente des Psychedelic Rock und frühen Hard Rock zurückgreift. Britische Bands wie The Sisters Of Mercy, The Mission oder Fields Of The Nephilim prägten den Stil, obgleich sie sich selbst nie als Gothic-Bands verstanden. Seine Blütezeit erlebte der Gothic Rock anschließend in den frühen 90er Jahren, als zahlreiche Musikgruppen versuchten, in die Fußstapfen ihrer Idole zu treten.
Beide Gothic-Stile werden nicht selten dem Dark-Wave-Genre zugewiesen, nachdem sie im Rahmen der New-Wave-Bewegung entstanden sind. Häufig findet man jedoch Dark Wave und Gothic nebeneinander stehend vor, da in den 90er Jahren in einigen regionalen Szenekreisen unter der Bezeichnung Dark Wave irrtümlich das eher sanfte Pendant zu der als kraftvoll wahrgenommenen Gothic-Musik verstanden wurde.
Der Gothic Metal entstand in den frühen 90ern, nachdem einige Bands aus dem Doom- und Death-Metal-Umfeld Elemente des Gothic Rock aufgriffen. Wegweisend waren hierbei Paradise Lost, My Dying Bride und Tiamat, die mit Frauengesang, Growling, Violinen und orchestralen Keyboard-Klängen arbeiteten. Umgekehrt unternahm Carl McCoy mit seiner Band The Nefilim, ein Nachfolgeprojekt der Fields Of The Nephilim, ähnliche Versuche, indem er typische Death-Metal-Elemente mit konventionellem Gothic Rock verknüpfte.
Ab Mitte der 90er Jahre gewann der ursprünglich szenefremde Gothic Metal an Popularität - zu Ungunsten des Gothic Rock. Dieser wurde trotz Zunahme zahlreicher Gothic-Rock-Projekte zurück in den Untergrund gedrängt und von Szene und Presse nur begrenzt wahrgenommen. Inzwischen sind die Grenzen beider Stile aufgrund zahlreicher Überschneidungen stark verwischt, was im Laufe der Jahre zum Härteverlust des Gothic Metal führte.
Nachdem Bands wie Paradise Lost Ende der 90er Jahre verstärkt nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten suchten, verwendeten sie überwiegend zeitgemäße Elemente, um ihr Klangbild zu erweitern. Dies bedeutete für viele Künstler die Abwendung vom Gothic Metal bzw. Gothic Rock und beiläufig die Begründung eines neuen Genres, dem Dark Rock. Dabei wird vermehrt auf moderne Alternative-Rock-Elemente zurückgegriffen, der psychedelische Einfluss als Hauptmerkmal des Gothic Rock ist in diesem Fall kaum vorhanden. Für viele Gruppen, wie HIM, Zeraphine, End Of Green, Evanescence, The Rasmus, Lacrimas Profundere, Beyond The Void, Dividing Line, Scream Silence oder Secret Discovery wird deshalb der weniger wertende Begriff Dark Rock genutzt.
Häufig fließen Elemente des Dark Rock, Gothic Rock oder des Gothic Metal in Musikstile wie Symphonic Metal bzw. Symphonic Rock ein. Dieses Phänomen kann man bei Bands wie Nightwish oder auch Within Temptation erkennen. Nightwish sahen sich daher selbst vielmehr als Symphonic-Metal-Band und fühlten sich als Gothic-Band eher missverstanden.
Electrogoth (auch „Gothic Electro“) bezeichnet rein elektronisch arrangierte Musik von Vertretern, die unmittelbar aus der Gothic-Szene stammen. Hierbei werden generell technoide Sounds oder Spielarten aus dem Elektro-Umfeld übernommen, auch kommen Future-Pop- und Electro-Pop-Elemente zum Einsatz (beispielsweise bei Tristesse de la Lune). Überdies orientierte man sich stark an Projekten, die durch Umsetzung düsteren Elektronik-Sounds bereits die Vorarbeit leisteten (siehe Dark Electro).
Bereits Anfang der 90er Jahre hatte im Zuge der Neuen Deutschen Todeskunst eine Verschmelzung von Elementen aus Gothic Rock, Electro Wave und Post-Industrial stattgefunden. Diese stilistische Überschneidung blieb jedoch vollkommen unberührt vom Einfluss des Techno der 90er Jahre.
Obwohl man auch 80er Jahre Bands wie Alien Sex Fiend als Vorläufer des Electrogoth bezeichnen kann, gibt es mittlerweile viele Vertreter des Genres, denen die musikalische Verbundenheit zu den eigentlichen Gothic-Wurzeln vollständig fehlt. Der Electrogoth geht Hand in Hand mit der Cybergoth-Mode.
Etablierung [Bearbeiten]
Bis in die Mitte der 80er Jahre blieb Gothic zunächst ein Begriff, der hauptsächlich in England sporadisch zum Einsatz kam. Gruppen wie The Southern Death Cult sahen sich als konventionelle Punk-Bands, selbst im Dunstkreis des Londoner Batcave-Clubs war das Etikett Gothic für viele Bands ein unbeschriebenes Blatt. In anderen westeuropäischen Ländern wurden Bands wie Joy Division oder Siouxsie & The Banshees primär unter der Bezeichnung New Wave vermarktet, etwa zeitgleich zu Gothic etablierte sich auch der weitumfassendere Begriff Dark Wave, der dunkle Rockmusik und Elektronik gleichermaßen abdeckte.
Mittlerweile wird für neuere Spielarten sowie für die moderne Gothic-Kultur länderübergreifend die Bezeichnung Neogoth genutzt. In den USA erschien im Jahr 2005 die Compilation „Dark Trance vs. Neogoth“, die sich Künstlern aus dem Umfeld der elektronischen Tanzmusik widmet.
Quelle: W I K I P E D I A